Mittwoch, 20. Februar 2013

Die Wollmilchsau (eierlegend)

Ich räume ein, dass ich als Agility-Sportler mich auch gerne in die Reihe derer geselle, die am Rande des Parcours stehen und sich - am besten noch vor dem Ausmessen (bay. Abradeln) - schon über Art und Güte des Parcours beschweren. Natürlich mache ich das nicht lautstark oder unflätig, aber dennoch mit Leidenschaft und Herzblut. Dass man dabei natürlich immer die eigenen Fähigkeiten beziehungsweise die des eigenen Hundes vor Augen hat, mithin also nicht ganz objektiv sein kann, liegt auf der Hand.

Doch nicht nur aus letzterem Grund ist man als Starter oftmals nicht ganz fair bei der Beurteilung der Richterleistung. Wenn man selbst hin und wieder in der Mitte steht, was bei Sina und mir nicht ganz selten der Fall ist, bekommt man auch die andere Sicht der Dinge vermittelt. Und diese unterscheidet sich von der des Starters nicht ganz unerheblich.

Die Aufgabe des Leistungsrichters ist nämlich nicht nur diejenige, einen Parcours für die A 3 zu entwerfen, auch wenn manche Teilnehmer in dieser Klasse das so sehen mögen. Auch alle anderen wollen einen schönen Weg laufen, einen Richter der alles sieht oder zumindest alles bei allen Startern gleich sieht und nicht zuletzt wollen alle zumindest im Sommer noch im Hellen die Heimreise antreten. Nun sind das nicht nur gleich drei Wünsche auf einmal, sondern drei durchaus anspruchvolle. Warum?

Jeder, der schon einmal einen Parcours für ein Training geplant hat, also versucht hat, auf Knopfdruck kreativ zu sein, weiß, dass dies keine leichte Übung ist, muss man doch allen Trainingsteilnehmern gerecht werden und sich Wege einfallen lassen, die ihren Trainingsbedürfnissen gerecht werden und ihnen dennoch Spaß machen. Abgesehen davon, dass der Leistungsrichter aber natürlich nicht weiß, wer sich auf der kommenden Veranstaltung die Ehre gibt, weswegen er von vorneherein jedenfalls zu einem gewissen Grad in Blaue plant, gibt es aber noch andere Gründe, die die Arbeit nicht unerheblich erschweren.

Will der Starter nämlich zu einer vernünftigen Zeit die Heimreise antreten, so hat der Leistungsrichter seine Hausaufgaben zu machen. Diese bestehen darin, einen Parcourssatz zu erstellen, der die Umbauzeiten zwischen den Klassen minimiert. Werden Steg, A-Wand und sämtliche Tunnel zwischen allen Klassen einmal quer über den Platz getragen, ist dies einem zügigen Turnierablauf natürlich nur bedingt förderlich. Dem planenden Richter nützt also die schönste A 1 nichts, wenn sich aus ihr nicht in einem vertretbaren Zeitaufwand eine A2 basteln lässt.

Der zweite limitierende Faktor liegt im Auge des Betrachters, also desjenigen, der den Läufer zu betrachten hat und damit im Auge des Leistungsrichters. Nachdem dieses nämlich nicht mit einem Röntgenblick ausgestattet ist, muss der Richter den Hundeführer, auf einen Weg "zwingen", der es ihm erlaubt, die Leistung von seinem Standort aus zu sehen. Bei der Planung hat der Richter also darauf zu achten, dass ihm die Hundeführer nicht nur nicht auf, sondern auch vor allem nicht vor der Nase, herumtanzen.

Damit einher geht natürlich die Notwendigkeit, dem Hundeführer nicht im Weg zu stehen. So wird es der ohnehin schon wütende Agility-Mob nicht gerne sehen, wenn der Richter zwar beste Sicht auf das Gerät hat, dem Hundeführer jedoch ein weitere tückische Falle in einem ohnehin schon tückischen Parcours bereitet.

Wer im Übrigen glaubt, der Richter besitze alle Freiheit der Welt, die Geräte nach Gutdünken zu verteilen, der wird spätestens dann eines besseren belehrt, wenn er einmal gesehen hat, wie ein Richter versucht, eine Wippe zu richten, die er in gerade Linie zwei Sprünge nach der A-Wand gestellt hat. Gute Kondition ist in diesem Falle Grundvoraussetzung, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben, den Wippenabgang zu richten.

Dass es im Übrigen völlig unmöglich ist, zu sehen, ob der Hund am Reifen vorbei gesprungen ist, wenn man im 90 Grad-Winkel zu selbigem steht, sei nur am Rande erwähnt, dass das gleiche für den Weitsprung gilt, ebenso.

Der Ruf nach dem perfekten Parcours ist damit nicht nur der Ruf nach dem perfekten Richter, sondern der nach der sprichwörtlichen eierlegenden Wollmilchsau.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen